Demonstration zur Ausländerbehörde des Wetteraukreises am 15.3.2018

Ganz so schwierig hatten wir uns das mit dem Termin um 14:00 Uhr nicht vorgestellt. Aber es war so: Trotz großer Zustimmung im Vorfeld nahmen statt der etwa 300 erwarteten Personen nur 150 an Demonstration und Kundgebung teil. Trotzdem: Es war eine lebendige Demonstration und die Redebeiträge aus allen Teilen der Wetterau hatten es mit ihren konkreten Erfahrungsberichten in sich:

Hier zunächst der Aufruf zur Demonstration: Willkommen statt Willkür

Recep Kaplan begründete die Forderung nach niedrigeren Verdienstnachweisen für die Einladung von Familienangehörigen zu Besuch aus dem Ausland. Er machte deutlich, dass die Anforderungen im Wetteraukreis um fast 1.000 Euro höher liegen als beispielsweise in Darmstadt oder Fulda und damit Einladung von Familienangehörigen aus dem Ausland im Wetteraukreis für viele ohne Not unerschwinglich sind.

Den Redebeitrag von Johannes Hartmann können Sie hier lesen.: Mein Redebeitrag am 15032018

Anja El Fechtali von den LINKEN in Friedberg prangerte die Behandlung von Einwanderern und Flüchtlingen bei der Ausländerbehörde an und forderte menschenwürdige Behandlung der „Kunden“, eine bessere personelle Ausstattung und weitere Fortbildung der MitarbeiterInnen für eine Willkommenskultur. Außerdem sei Deutschland mit seinen Waffenexporten an den Fluchtursachen beteiligt. Hier der Link zu ihrem Redebeitrag.

Clemens Breest aus Karben wies nach, dass die Ausländerbehörde sich trotz Unterbesetzung und Überforderung mit Arbeit viel zusätzliche Arbeit mit der Schikane von Flüchtlinge macht, so beispielsweise, indem sie von Flüchtlingen Passverlängerungen in „ihren“ Botschaften verlange, die diese gar nicht besuchen dürften, ohne ihren Flüchtlingsstatus zu verlieren.

Andrea Gerstenberg aus Ortenberg berichtete von der „Odyssee“ einer syrischen Familie bei der Familienzusammenführung zu einem jugendlichen Flüchtling in Ortenberg, bei der die Ausländerbehörde vor allem eins machte: Sie hielt sich raus und gab ihre beliebten Fiktionsbescheinigungen aus, mit denen man gar nichts anfangen kann. So sind sie nach wie vor ohne eigene Unterkunft und bis vor kurzem war der Lebensunterhalt immer noch nicht geklärt. Dabei sind die Eltern des Jungen seit Mitte Dezember in Ortenberg. Das Problem zu lösen, hat lange gedauert und bei Betroffenen wie Unterstützer*innen unnötig viele Nerven gekostet. Die Botschaft an die nachgezogenen Familienmitglieder: Ihr seid hier nicht eingeplant und nicht willkommen.

Rainer Bajus aus Büdingen berichtete von der Unmöglichkeit, mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus den entfernten Winkeln des Ostkreises rechtzeitig zur Kartenvergabe vor der Ausländerbehörde in Friedberg zu sein. Er sagte, er sei Sozialkundelehrer gewesen und habe in seiner gesamten Zeit als Lehrer nicht so viel über Theorie und Praxis der (Nicht-)Anwendung des Grundgesetzes gelernt wie in den letzten beiden Jahren bei der Unterstützung von Flüchtlingen.

Eine junge Mitarbeiterin des AWO Aufnahmeheims für unbegleitete Flüchtlinge – „Valentin-Senger-Haus“ in Kloppenheim machte deutlich, mit welchen Widerständen, bürokratischen Hürden und Misstrauen die Jugendlichen konfrontiert sind und bei ihren Integrationsbemühungen behindert werden. Gerade bei den Jugendlichen aus Afghanistan schwebe ständig die Abschiebebedrohung wie ein Damoklesschwert über den Häuptern. (Leider konnte ich mir den Namen der Mitarbeiterin nicht merken).

Najeeb Ahmed aus Florstadt verstärkte nochmals die Aussagen von Johannes Hartmann und forderte die Ablösung der für die Schikanepolitik  verantwortlichen Leitungspersonen der Ausländerbehörde.

Hier ein Artikel aus dem Kreisanzeiger, der die inhaltlichen Kritikpunkte sehr gut zusammenfasst.

Landratskandidat Jan Weckler bestätigte die Kritik an der Überlastung der Ausländerbehörde und versprach (wie schon oft in den vergangenen Jahren), sich um Abhilfe zu bemühen, falls er Landrat werde. Zur inhaltlichen Kritik, die das Wesentliche in den Beiträgen der Redner*innen war, äußerte er sich mit keinem Wort. Von daher ist wohl auch in Zukunft kaum mit einer Verbesserung der Situation  zu rechnen.

Recep Kaplan bekräftigte zum Schluss, dass man bei Bedarf erneut eine Demonstration organisieren würde und wurde mit viel Applaus bestätigt. Es waren zwar weniger Teilnehmer*innen als erwartet bei Demo und Kundgebung, aber die meisten blieben bis zum Schluss und hörten sich die Redebeiträge an. Erst bei Herrn Weckler begann die Teilnehmerzahl zu „bröckeln“. Zwar war die Ausländerbehörde vor der Kundgebung geschlossen worden, viele der Mitarbeiter*innen standen aber an den Fenstern und hörten zu.

J.H.

Die Stellungnahme von Frau Becker-Bösch können Sie hier lesen: Stellungnahme zur Demonstration zur Ausländerbehörde am 15.03 2015