Was müssen wir beim Aufbau von „Runden Tischen Für Flüchtlinge“ bedenken?

Momentan werden in vielen Gemeinden des Wetteraukreises „Runde Tische Für Flüchtlinge“ initiiert. Wir haben aus den Erfahrungen, die beim Arbeitskreis Flüchtlinge ausgetauscht und beim Einsatz von Integrationslotsen  gemacht wurden, eine Liste erstellt, an der sich Organisatoren solcher Runden Tische orientieren können. Sicher ist die Liste nicht vollständig, aber sie könnte doch eine kleine Hilfe sein für alle, die nicht immer das Rad neu erfinden möchten. Wenn etwas Wichtiges fehlt, schreiben Sie bitte über unsere Kontakt- E-Mail an uns.

Was ansteht, wenn Sie eine Patenschaft für Flüchtlinge übernommen haben, können Sie der Checkliste für Patenschaften (nächster Unterpunkt des AK-Flüchtlinge) entnehmen.

(J.H.)

Runde Tische für Flüchtlinge, Aufgaben und Organisationsstruktur

Möglichst negative Assoziationen vermeiden (Runder Tisch als „Problemtisch“)
 
Ziele:
  • Positives Bürgerengagement mobilisieren und ihm ein praktisches Betätigungsfeld bieten
  • Willkommenskultur und Angebote auf rein freiwilliger Basis
  • Angebote zum Ankommen in einer neuen Gesellschaft / Heimat
  • Versorgung mit für ein selbstbestimmtes Leben notwendigen Dingen
  • Menschenwürdiges Wohnen, freundliche Umgebung
  • Angebote zum Spracherwerb, Kommunikation und Konfliktbearbeitung
  • Arbeit im Team
  • Erfahrungsaustausch zur Vergrößerung der Selbständigkeit und Selbstsicherheit
  • Mobilisierung der Eigeninitiative der Flüchtlinge, Schaffung von Freiräumen dafür, z.B. bei Gestaltung des Wohnumfeldes und bei kulturellen Angeboten (Menschen wollen nicht nur nehmen, sondern auch geben)
  • Gutes Bildungsangebot für schulpflichtige Kinder in Schule und Kindertagesstätten
Dazu notwendige organisatorische Voraussetzungen:
  • Regelmäßige Treffen zur Organisierung, Erfahrungsaustausch und Einbeziehung neuer Kräfte
  • Wahl eines Leitungsgremiums zur Koordination und Vorbereitung der Treffen
  • Ansprechpartner /zwischen den Treffen erreichbare Adresse als Anlaufstelle für an der Mitarbeit Interessierte und für Flüchtlinge Koordination von kurzfristig notwendigen Aktivitäten
  • Vernetzung aller TeilnehmerInnen
  • Einbeziehung möglichst vieler gesellschaftlicher Gruppen, Werbung bei denen, die man haben möchte, die aber noch nicht dabei sind
  • Umgang mit Sachspenden  und Angeboten von Sachspenden
  • Regelmäßiger Kontakt zur Fachstelle Migration, Regelung des Zugangsrechtes zu Häusern
  • Längerfristig Festlegung von Patenschaften für einzelne Familien für Problemlösungen, Begleitung zu Behörden, Ausfüllen von Anträgen, Gesundheitsversorgung
  • Organisation von ÜbersetzerInnen für die verschiedenen Sprachen, die die Flüchtlinge sprechen
  • Vernetzung mit professionellen Beratungsstellen
  • Koordination im Wetteraukreis, z.B. über Arbeitskreis Flüchtlinge, Informationsaustausch
  • Informationen über die wichtigen gesetzlichen Regelungen  (Aufenthaltsstatus und damit verbundene Auflagen oder Rechte, kostenloser Spracherwerb)
  • Einbeziehung von Flüchtlingen, die dazu bereit sind, in die Arbeit des Runden Tisches
  • Öffentlichkeitsarbeit

Hier als Beispiel für die Herausforderungen ein Artikel aus der Wetterauer Zeitung zum Runden Tisch für Flüchtlinge in Rosbach und einer aus dem Wetterauer Boten zu Bad Vilbel:

Noch kein Platz für Flüchtlinge
 
Rosbach (sky). Wie geht man mit den 21 Flüchtlingen um, die im Februar nach Rosbach kommen. Um diese Frage zu besprechen, hatte Bürgermeister Thomas Alber alle Vereine, kirchlichen Institutionen und sonstige sozialen Verbände sowie Privatpersonen zu einem »Runden Tisch« in die Adolf-Reichwein-Halle eingeladen.
Als Referent war der Erste Kreisbeigeordnete Helmut Betschel-Pflügel gekommen. Gemeinsam wollte man nach Angeboten und Lösungen für eine angemessene Unterbringung von Flüchtlingen aus Krisengebieten suchen.
Ein Ehepaar aus Syrien hat bereits im Dezember in einer städtischen Wohnung eine Bleibe gefunden, aber für die 21 Personen, die der Stadt im Februar laut dem Verteiler-Schlüssel des Wetteraukreises zugeordnet werden sollen, wird es eng – zumal sich die Zahl der aufzunehmenden Flüchtlinge noch erhöhen könnte. »Wir haben nur noch eine einzige Wohnung zur Verfügung, in der wir vier Leute unterbringen können«, sagte der Rathauschef. Jetzt sucht man im Stadtgebiet händeringend nach festen Unterkünften, denn eine Unterbringung in Turnhallen oder gar Zelten wurde auch von Betschel-Pflügel als inakzeptabel bezeichnet – nicht nur in Anbetracht der zu erwartenden Witterungsverhältnisse. Auch will man darauf achten, dass Familien nicht auseinandergerissen werden, und ihnen gemeinsame Unterkünfte anbieten. Für Einzelflüchtlinge denkt man an Wohngemeinschaften. Anmieter und Vertragspartner wird der Kreis sein. Der Mietpreis und die Anzahl der künftigen Bewohner wird sich nach den Gegebenheiten der Wohnung richten.
Rund 50 Interessierte hatten sich eingefunden, um sich einen ersten Eindruck von der Bedürfnislage zu verschaffen. Hilfe bei der sprachlichen Integration, bei Arztbesuchen oder beim Einkaufen stand außerdem zur Debatte. Aber auch bei der ersten Kontaktaufnahme in Sport- oder Gesangvereinen, in Kirchengemeinden oder Jugendgruppen will man Hilfe anbieten. Die Schulpflicht oder der Anspruch auf einen Kita-Platz wurde ebenfalls angesprochen. »Es gibt eine vielfältige Bereitschaft zur Hilfeleistung, aber wir Anbieter müssen auch wissen, was gebraucht wird, und wo«, fasste eine Besucherin aus Rodheim das Problem zusammen.
Wo die 21 Flüchtlinge unterkommen sollen, ist noch unklar, erfahren die Teilnehmer des »Runden Tisches« in der Adolf-Reichwein-Halle. Zuvor hatte Betschel-Pflügel einen Fall geschildert, wo Hilfe am falschen Ort angekommen war. Die Kleiderspende einer älteren Dame, die ihn in seinem Büro aufgesucht hatte und sich hartnäckig weigerte, die Röcke, Mäntel und Blusen wieder mit nach Hause zu nehmen, waren das Beispiel. »Es muss alles koordiniert werden, und nicht wahllos drauflos gearbeitet.« Das scheine jedoch nicht immer so einfach zu sein. Die Vorstellungen seien auf beiden Seiten noch nicht ausformuliert, zumal man immer erst kurzfristig wisse, aus welchen Ländern die Flüchtlinge kämen. »Bislang hatten wir nur zwei Tage Vorlaufzeit, jetzt soll es eine Woche sein, aber auch das ist zu wenig«, kritisierte Betschel-Pflügel das Zuteilungsverfahren der übergeordneten Behörden.
»Die hilfesuchenden Menschen aus fremden Ländern und Kulturen müssen schnellstmöglich in unsere Gemeinschaft integriert werden«, betonte Alber. Das wirke möglichen Konflikten entgegen und fördere das freundschaftliche Miteinander. Der Wetteraukreis hat zwei Sozialarbeiter mit der Aufgabe betraut, sich um die Flüchtlinge zu kümmern. Ansprechpartner für jene Menschen, die Hilfe oder gar eine Wohnung anzubieten haben, sind sie jedoch nicht. Betschel-Pflügel: »Dafür sind die Kommunen zuständig.«
Hilfsbereitschaft ist groß
Der Rosbacher Bürgermeister reagierte darauf mit einem sichtbaren Zucken seiner Augenbrauen. »Es steht zwar außer Zweifel, dass wir den Flüchtlingen helfen wollen, aber unsere Verwaltung muss auch den zeitlichen Spielraum dazu haben.« Hier sieht er noch erheblichen Nachbesserungsbedarf bei Kreis, Land und Bund.
Die Hilfsbereitschaft der Rosbacher Bürger scheint indes groß zu sein, wie der »Runde Tisch« bewies. Wo »der Schuh drücken« könnte, dazu hat besonders die Helferinitiative »HIR« um Erika Ulherr schon viele Erfahrungen gesammelt. Es ist ein Zusammenschluss von Ehrenamtlichen, die gegen eine geringe Aufwandsentschädigung ihre Zeit oder ihr Auto zur Verfügung stellen, um zum Beispiel bei Behördengängen, Arztbesuchen oder beim Einkaufen zu helfen. Bezüglich der Flüchtlinge sieht Ulherr allerdings ein Problem: »Ich kann keine Fremdsprachen, wie soll ich mich da verständigen?« Betschel-Pflügel räumte ein, dass die sprachliche Integration eine der vorrangigen Aufgaben sei, nur: »Es gibt im Wetteraukreis nur ein einziges Kursangebot von FAB, das vom Bund finanziert wird.« Es fehle also wieder einmal am Geld. Für eine Frau aus Rosbach, die viel in der Welt herumgekommen ist, hat die Sprache eine nachgeordnete Rolle: »Wichtiger ist es, Interesse am Schicksal dieser Menschen zu zeigen und sie das auch spüren zu lassen«, meinte sie.
Sobald im Rathaus Angebote und Nachfrage bekannt und aufgelistet sind, wird man weitere Schritte unternehmen können. Vorderstes Problem ist derzeit der fehlende Wohnraum. Alber: »Wir sind für jedes Angebot dankbar, um Flüchtlingen in unserer Stadt ein Dach über dem Kopf anbieten zu können.«
 
Hier ein Artikel aus dem Kreisanzeiger vom 20.9.14, der Erfolge und Schwierigkeiten benennt sowie die Lage im Wetteraukreis wiedergibt: http://www.kreis-anzeiger.de/lokales/wetteraukreis/landkreis/nidda-betreut-fluechtlinge-vorbildlich_14607928.htm
 
Artikel vom 26.1.2014 – Wetterauer Zeitung:
Runder Tisch Bad Vilbel klein
 
Und hier eine Initiative der Berufsschule in Butzbach:
Berufsschule Flüchtlinge
Der Unterricht hat im August 2014 begonnen. 
 
Bericht aus Florstadtk
WZ vom 12.4.14
 
Hier noch ein Link mit dem Vorschlag gemeinsamen Kochens: http://www.migazin.de/2015/02/11/wie-fluechtlinge-deutsche-kochen-vorurteile/

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